Prinzipiell motivieren mich Artikel dieser Art immer sehr. Ihr wisst schon, diese Artikel, die einem sagen: Freue Dich Deines Lebens. Erfreue Dich an kleinen Dingen. Es muss nicht immer mehr sein. Das Hier und jetzt ist toll und soll gelebt werden. Mach, was Du liebst und liebe, was Du machst.
Ich nicke mit dem Kopf und denke, ja, so ist es! Und sie erwecken in mir den Wunsch, ein besserer Mensch zu werden und zu sein. Sich an kleinen Dingen zu erfreuen ist doch gar nicht schwer und tut so gut!
Das Glück in den kleinen Dingen finden…. aber dann. Ja, dann.
Dann passieren tausend kleine Dinge so zwischendurch…
Dann muss man die Kaffeeverabredung mit einer guten Freundin absagen, weil der Hund krank ist und man zum Hundedoc fahren muss.
Dann lassen die Freunde das Kind nicht mitspielen, das Kind steht weinend an der Haustüre, das Mutterherz zerbricht in tausend Teile.
Dann rutscht einem beim Aufräumen ein Fläschchen knallroter Nagellack in der Küche aus den Händen. Rot, über all rot. Auf den Fliesen, auf den Küchenschränken, auf der Jeans.
Dann kotzt einem das Kind nachts um zwei vor’s Bett und krümmt sich vor Bauchschmerzen.
Dann wird die gerade verlegte und neu geplante Kaffeeverabredung am nächsten Morgen wieder abgesagt.
Dann bekommt man den dritten Reminder eines unbekannten Unternehmens, weil man nicht pronto geantwortet hat.
Dann backt man einen Kuchen, der in der Form kleben bleibt, statt fluffig auf die Tortenplatte zu fallen.
Dann werden kurzerhand Termine, die man selbst nicht in der Hand hat, umgelegt, so dass man sich vierteilen muss.
Dann…. passieren tausend Dinge so zwischendurch, die einem alles aus dem Gesicht fallen lassen, den Magen verkrampfen, das Herz zerspringen lassen oder einen einfach nur nerven und stressen.
Und dann schaut man über den Tellerrand und sieht, dass es anderen so viel schlechter geht.
Dass Menschen schwer erkranken, dass Menschen sterben. Dass andere nichts Vernünftiges im Kühlschrank haben. Dass Kinder ohne Schulranzen und Mäppchen am ersten Tag in die Schule kommen. Nicht, weil sie die Sachen zu Hause vergessen haben!
Dass es der einen besten Freundin ziemlich bescheiden geht, weil er Schluss gemacht hat und die andere beste Freundin keinen Ausweg aus ihrer immerwährenden Traurigkeit findet.
Das Glück in den kleinen Dingen finden.
Ich freue mich wirklich über die ersten Sonnenstrahlen am Morgen, wenn ich durch die Wälder streife.
Ich freue mich, wenn ich ein Krikel-Krakel-Bild von meinem Kind geschenkt bekomme. Ich freue mich, dass ich gesund bin. Dass wir Ferien haben.
Ich freue mich, wenn mich ein Fremder auf der Straße zurück grüßt. Ich freue mich über einen wundervollen Altweibersommer.
Ich freue mich über einen Pärchen-Abend mit meinem Mann. Ich freue mich, wenn das Kind einen kleinen Blumenstrauß vom Spielen mitbringt.
Ich kann mich wirklich über die kleinen Dinge freuen, das Glück in den kleinen Dingen finden und sehen und ich bin so dankbar, in vieler Hinsicht…. aber manchmal drücken die Alltagsproblemchen, der Stress, die sich immer im Kreis drehenden Gedanken auf’s Gemüt und es fällt schwer, sich an kleinen Dingen zu erfreuen.
Geht es Euch auch manchmal so? Oder schwimmt Ihr gerade beschwingt auf der Wir-freuen-uns-über-die-kleinen-Dinge-sind-ganz-entspannt-und-denken-postiv-Welle? Was haltet Ihr von diesen Artikeln? Helfen Sie Euch die Welt mit anderen Augen zu sehen oder könnt Ihr dem gar nichts abgewinnen?
Ich freue mich jetzt zumindest, dass hier die Ferien begonnen haben. Ich wünsche Euch ein schönes langes Wochenenden und/ oder tolle Herbstferien.
Liebe Grüße
Bine