Bei einem Treffen der Lesefreunde vor ein oder zwei Monaten, legte eine Teilnehmerin dieses Buch auf den Tisch, tippte mit dem Zeigefinger darauf und sagte: Das müßt Ihr lesen. Es hat mir unglaublich gut gefallen. Und ich dachte: Okay, dann lese ich es nun. Ich kannte das Cover von Lügen über meine Mutter, wusste ganz genau, wo dieses Buch in der Buchhandlung lag, war schon zig mal daran vorbei geschlendert, es zog mich an, aber die letzte, die finale Handlung es zu kaufen, die blieb aus.
Ich brauchte den nachdrücklichen Auftrag das Buch zu kaufen und zu lesen. Und das tat ich dann auch, dank der Dame aus dem Lesefreunde-Kreis, kaufte und las und war echt begeistert. Bin es noch.
Lügen über meine Mutter von Daniala Dröscher
Die Geschichte wird aus der Sicht der 6-jährigen Ela erzählt. Ela lebt mit ihren Eltern und Großeltern in einem kleinen Dorf im Hunsrück, es sind die 1980er Jahre. Sie liebt Dr. Snuggles und schaut gerne die Uhlenbuschs. Meine Welt. Meine Zeit. Zum Glück nicht meine Eltern.
Das Thema des Buches ist der Körper der Mutter. Nach Ansicht des Vaters ist Elas Mutter einfach zu dick ist. Sie ist nicht vorzeigbar, nicht standesgemäß. Wie soll er mit so einer Frau endlich seine Beförderung bekommen (die ihm im Übrigen, meint er, in jedem Falle zusteht!)? Wie soll er die Anerkennung der Dorfgemeinschaft erlangen? Zum Dorffest, zum Tanz, nimmer er sie jedenfalls nicht mit. So nicht. Da tanzt er dann doch lieber mit der Manuela.
Elas Mama wird tagtäglich für ihren Körper diskriminiert.
Sie ist eine Frau ist, die nicht ruht, nicht rastet, ständig in Aktion ist.
Sie liebt ihren Job als Chefsekretärin, sie spricht mehrere Sprachen, abends lernt sie eine weitere, weil sie sich dadurch noch bessere Chancen im Berufsleben ausrechnet. Ihr Mann hält das alles für Quatsch.
Sie schmeißt den Haushalt, sie erträgt die mürrische und ewig meckernde Schwiegermutter, sie kümmert sich um Ela. Sie kann rechnen und denken, aber sie entspricht einfach nicht dem Schönheitsideal.
Ihr Mann zwingt sie morgens auf die Waage.
Sie macht die Kohlsuppendiät, sie meldet sich bei Weight Watchers an, sie isst nach Farben, sie trennt die Lebensmittel auf dem Teller. Immer und immer wieder versucht sie es. Und dazwischen gibt es Zeiten, wo er sie in Ruhe läßt oder sie einfach mal Fünfe gerade sein läßt.
Ela beobachtet das alles. Sie sieht, wie die Eltern miteinander umgehen, aber sie versteht das noch nicht so richtig. Dafür ist sie noch zu jung. Sie hält ihr Mama überhaupt nicht für zu dick. Und dann schämt sie sich für sie. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, eine familiäre Berg- und Talfahrt.
Neben all diesen krassen, teils brutalen familiären Interna erzählt Daniela Dröscher aber noch viel mehr. Zum Beispiel von der zweiten Schwangerschaft. Von dem Geflüster zwischen Elas Mama und ihrer Tante, von dem Pflegekind. Vom dem Geldsegen. Ein neues Haus, Größenwahnsinn, kleines dörfliches Milieu und der Wunsch nach Großstadt-mehr-mehr-mehr.
Trotz all der Aggression wird die Geschichte in einem warmherzigen Ton erzählt. Warmherzig, sehr klar und verständlich. Eine Geschichte, die sich so runterlesen läßt; eine Geschichte, die Ihr auf jeden Fall schonmal für die Ferien reservieren solltet.
Ich wünsche Euch einen schönen Sonntag!
Liebe Grüße
Bine
PS.: Ich habe mich übrigens sehr darüber gefreut, wieviele LeserInnen meinen letzten Beitrag – meinen Monatsrückblick – gelesen haben. Offensichtlich viele, die hier doch des öfteren oder zumindest immer mal wieder hier vorbei schauen, Beiträge anklicken und sie lesen. Ganz besonders haben mich natürlich die Kommentare, die lieben Zeilen, zum ersten Absatz gefreut… Ob dieses Monatsrückblick-Ding nicht total old-blogging sei.
Ich bin jedenfalls froh und happy und auch dankbar, dass sich hier nach wie vor eine Leserschaft versammelt, die hier gerne liest. ♡ Dankeschön.
- Lügen über meine Mutter: Roman Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2022 (Shortlist)
- ABIS-BUCH
- Rosa
- Dröscher, Daniela (Autor)
Letzte Aktualisierung am 2024-10-29 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
9 Kommentare
Liebe Bine,
ich freu mich über jeden Deiner Beiträge und würde mir wünschen, dass noch ein paar mehr Blogger “old school” wären.
Gruß und schönen Sonntag
Sara
Ich danke Dir liebe Sara!
Wünsche Dir auch einen schönen Sonntag!
Liebe Grüße Bine
Und noch etwas, warum ich bei dir bzw. bei „waseigenes“ bin:
DEINE BUCHTIPPS!
Nicht immer so ganz meine Wahl, aber ganz oft doch. Danke.
Hab’s mir aufs Kindle für den Urlaub gekauft.
Liebe Bine, ich freue mich IMMER von Dir zu hören. Ich schaue immer wieder bei Dir vorbei und lese wirklich jeden Monatsrückblick. Ich liebe Deine Reiseberichte und die Buchtipps. Bitte, bitte weiter so! Liebe Grüße aus dem Saarland! Claudia
Liebe Claudia,
das freut mich aber sehr, dass Du an so vielen unterschiedlichen Berichten Interesse hast. Total schööön! DANKE für das schöne Feedback!
Liebe Grüße Bine
Liebe Bine.
Ich lese deinen Blog schon so viele Jahre mit ganz viel Freude uns freue mich an deinem frischen Stil und den vielen Inspirationen. Ich vernachlässige meinen Blog gerade sehr und nehme mir immer wieder vor, ihn zu aktivieren. Gerade wegen Bloggerinnen wie dir, die sich sehr viel Mühe geben und deren Blogbeiträge ich gerne lese. Von deinem Blog bekomme ich viele Inspirationen. Reiseberichte, Buchempfehlungen, Rezepte. Den Heinrichbeutel und das Herzlissen habe ich gerne genäht. Danke dir dafür.
LG Ute
Liebe Ute,
Dein Kommentar geht gerade runter wie Öl! :-) Ich danke Dir vielmals für Deine lieben Zeilen, die mich nicht nur happy machen, sondern auch sehr motivieren.
Ich wünsche Dir einen schönen sonnigen Dienstag!
Liebe Grüße Bine
Danke für deinen super Buchtipp! Der kam gerade zur rechten Zeit, brauchte ich doch unbedingt Lesenachschub. “Lügen über meine Mutter” ist ein Buch, das mir sicher noch länger im Gedächnis bleibt, hat mich von Anfang an “gepackt” und ließ sich wirklich sehr flüssig lesen.
Ich wünsche dir einen schönen Start in die neue Woche und lasse mich auch weiterhin sehr gerne von dir inspirieren :).
Liebe Grüße
Jessica
Das freut mich sehr, liebe Jessica, dass mein Tipp zu rechten Zeit kam.
Ich denke auch immer noch an die Geschichte zurück…
Liebe Grüße Bine