Zweimal war ich schon im schönen Straßburg und würde jederzeit gerne wieder hin fahren. Durch die alten Gässchen bummeln, Flammkuchen essen, mit dem Bötchen über die Ill schippern. In diesem Herbst hatten wir einen besonderen Grund, warum wir noch einmal vom Schwarzwald in den Elsass fuhren. 1943 wurde mein Papa in Straßburg geboren und lebte dort mit seiner Familie die ersten zwei Jahre seines Lebens. Natürlich hat er keine Erinnerung mehr an diese Zeit, aber er (und ich sowieso) wollte trotzdem noch einmal dorthin zurück.
In den Tagen vor unserem Trip kramte ich uralte und von mir wie einen Augapfel gehütete Postkarten und Korrespondenzen heraus, die ich von meinen Großeltern geerbt habe. Mein Opa starb 1988, meine Oma habe ich leider nie kennen gelernt, denn sie starb bereits 1967. Die meisten der vielen vielen Karten kann ich nicht lesen, denn die Handschriften meiner Vorfahren, Freunde oder Geschäftspartner meiner Vorfahren waren sehr schnörkelig und die Karten und Briefe teilweise auf französisch verfasst. Da muss ich leider leider passen.
Ich habe jede einzelne Karte in die Hand genommen, in der Hoffnung ein Schriftstück zu finden, welches an eine Adresse in Straßburg geschickt wurde. Fehlanzeige. Dafür habe ich einige Karten gefunden, die aus Straßburg an die Adresse meiner Großeltern in Köln und Krefeld adressiert waren. Einige wurden im Schwarzwald abgestempelt, was mich sowohl mit einem freudigen, als auch seltsamen Gefühl erfüllte, denn diese Vorfahren, Tanten und Onkels und andere Verwandte meines Vaters, haben damals scheinbar einen ähnlichen Urlaub wie wir in diesem Jahr verbracht. Urlaub im Schwarzwald mit einem Tagesausflug nach Straßburg.
Da die Suche nach einer Adresse erfolglos blieb, überlegte ich weiter und dachte an die Geburtsurkunde meines Papas, bis mir einfiel: auf unseren Geburtsurkunden steht nur der Name der Stadt, in der wir das Licht der Welt erblicken. Nicht die Adresse, wo die Familie des Babies wohnt. Also bat ich meine Mama eine Cousine meines Vaters anzurufen, in der Hoffnung, dass sie noch Schriftstücke besitzt, die uns weiterhelfen könnten. Ich wollte doch so gerne das Haus einmal sehen, in dem meine Großeltern und mein Vater damals lebten. Aber auch sie, die das dicke in Leder gebundene Stammbuch, in dem alle Vorfahren bis ins 17. Jahrhundert eingetragen sind, hütet, fand keinen Hinweis auf eine Adresse. So schade.
Nichtsdestotrotz hatten wir einen schönen Tag in Strassburg. Und ich, ich habe es genossen mal wieder durch die alten Karten und Briefe zu blättern und zu stöbern. Hach, wir tippen heute viel zu viel auf unseren Laptops rum und schreiben viel zu wenig schöne Briefe und Karten. Früher habe ich mit Feder und Tinte, Kugelschreiber und Bleistift geschrieben wir ein Weltmeister. Seitdem ich das nicht mehr mache, hat sich meine einst wirklich schöne Handschrift zu einer echten Sauklaue entwickelt.
Seid Ihr auch noch im Besitz solch alter Briefe und Karten? Mit schnörkeliger Handschrift verfasst, höflichen Anreden und gezeichnet sind mit “Ich verbleibe…hochachtungsvoll…” ? Die, die ich lesen kann, versetzen mich gleich in eine andere Zeit. Und die Vorstellung, dass diese Sätze Menschen geschrieben haben, die mit mir verwandt sind, finde ich wundervoll.
Hochachtungsvoll… und liebe Grüße, Bine
16 Kommentare
Ein wahrlich schöner Post. Auch wir haben ein Stammbuch das mein Urgroßvater für seine Kinder gemacht hat. Es geht bis in das 17 Jahrhundert zurück. Zum Teil mit Fotografien versehen ist es immer wieder herlich nachzulesen wo die Menschen herkommen. Da unser Nachname sehr selten ist, sind alle mit diesem Namen verwandt, meine Tante hat Verwandte in Australien ausfindig gemacht, die diesen Sommer hier waren. Es war total witzig.
hG Melanie
Sehr schöner Post! Es ist doch toll in Erinnerungen zu kramen… Ich habe gerade Fotoalben von meinem Opa auf dem Tisch, weil er in 2 Wochen 90 wird und wir ein wenig Programm machen werden… Leider sind viele seiner Sachen 1983 verbrannt… aber das ein oder andere konnte er glücklicherweise retten!
Herzlichst Juliane
mein vater wurde etwa zur selben zeit in berchtesgaden geboren, wenige jahre später musste die familie mit drei kleinen kindern flüchten. ich verfolge seine geschichte und die meiner großeltern ebenfalls mit großem interesse. die bilder und postkarten werden gehütet wie ein schatz, ich blättere auch immer wieder gerne darin herum!
viele grüße,
daniela
Das ist ja ein richtiger Schatz! Ich hab leider keine solch alten Postkarten, aber meine Großeltern väterlicherseits leben auch noch… Aber in alten Fotografien zu kramen ist wirklich toll. Schade, dass die Auswertung der ostkarten nichts ergeben hat, aber vielleicht findet sich ja doch irgendwann mal noch ein unerwarteter Hinweis :) Liebe Grüße, Lisa
Es ist toll in der Familien”eigenen” Vergangenheit rumzustöbern. Bei meinen Eltern lagern auch noch ein paar Schätze. Zum Beispiel wunderbare Fotoalben von meinem Papa. Er hat kurz nach dem Krieg mit der kirchlichen Jugendgruppe ein paar tolle Reisen gemacht. Da er keine Kamera hatte, hat er Postkarten gekauft und in das Album geklebt. Dann hat er mit einem weißen Stift die schwarzen Seiten mit Zeichnungen ergänzt: Reiseroute, Sehenswürdigkeiten, Wappen. Insgesamt tolle Kunstwerke. Mein Papa kann nämlich richtig gut zeichnen.
1958 waren sie in Schweden, als dort die Fußball-WM stattgefunden hat. Mein Papa ist dann ins Trainingslager der Deutschen gefahren, hat ihnen beim Training zugeschaut und nebenbei alle Spieler in sein Fotoalbum schreiben lassen. Coole Sache, oder?
Schade, dass er jetzt keine so tolle Alben mehr gestaltet … Meine Mama hat eine Digitale und die neuen Fotos schauen wir ums am PC an. Ohne Illustrationen …
Also, dringend hüten die schönen alten Familienschätze!
Kreative Grüße,
Miri D
Ja, ich habe ein ganzes Zimmer voll davon, seit meine Oma im Frühjahr gestorben ist und ich kann gar nicht aufhören, darin zu stöbern – immer wieder zieht es mich nach unten und wenn ich da sitze, vergesse ich völlig die Zeit… Ich habe keine Ahnung warum, aber ich habe früher in der Schule diese alte Sütterlin-Schrift lesen gelernt, das ist dabei schon hilfreich ;-)
Mein Opa hat sein ganzes Leben akribisch in dicken schwarzen Kladden notiert, das ist eine so tolle Hinterlassenschaft. Genauso wie das dicke Heft mit Rezepten, die meine Oma in der Hauswirtschaftsschule alle fein säuberlich notiert hat. Mutzemandelrezepte mit 40 Eiern und so *g*
Am meisten fesselt mich allerdings das dicke Flieger-Logbuch des Bruders meines Opas und seine Briefe und Postkarten aus der Fremde. Er ist mit Anfang 20 in Frankreich abgeschossen worden und wir haben vor einer Weile sein Grab in der Normandie gesucht und gefunden – das war damals auch ein unglaublich emotionales Erlebnis:
http://kleinefluchten.blogspot.de/2010/08/ein-bichen-familiengeschichte.html
Jaja, Familiengeschichte ist schon spannend :-)
LG Tina
Wow! Es gibt bei uns in den Familie zwar das eine oder andre uralte Foto, aber so schöne alte Korrespondenzen gibt es nicht.
Gruß scrapkat
das ist was wunder bares das du noch solche karten bestitzt…
ich besitze keine nur briefmarken habe ich die von verwanten die ich nei kennengelernt habe stammen…
Liebe Bine,
das ist wirklich eine ganz rührende Geschichte, die Du uns da erzählst. Ich besitze solche Briefe, Karten etc nicht – habe aber auch das Glück, dass zwei Omas und ein Opa noch am Leben sind. Jedoch sammle ich ganz besondere Zettel, Karten, Briefe etc aus dem Jetzt. Für später. Damit diese schönen Gedanken und Erlebnisse auch in vielen, vielen Jahren noch Bilder und Gefühle erzeugen.
Und natürlich darf ein altmodisches Fotoalbum nicht fehlen. Und die Kiste für meine Tochter mit den wichtigsten Dingen :-)
LG Dorthe
Hi,
vielleicht habe ich eine Idee, wie du die Adresse herausfinden könntest. Kirchen besitzen Taufregister, ich könnte mir vorstellen, dass so auch Adressen auffindbar sind.
LG Mona
Das glaube ich auch, Mona… aber ddid zeit reichte damals nicht aus, dass ich in diese Richtung recherchiere. Ich werde das aber
ganz bestimmt einmal machen!
GLG Bine
Hallo,
hast du schon einmal darüber nachgedacht im Stadtarchiv in Straßburg zu fragen. Das Taufregister ist auch eine Möglichkeit, aber die Stadtarchive haben alle alten Akten, wenn es um eine Behörde geht. Wenn du Glück hast, kann die Akte deines Vaters oder deines Großvaters (da bestimmt) schon frei gegeben worden sein.
Ich wünsche dir das du weitere Informationen bekommst!
LG, Prisha
Liebe Prisha, ja das habe ich… aber die Zeit reichte für vor unserem Tripp nicht aus, im Stadtarchiv anzurufen. Ich werde dies aber ganz bestimmt eines Tages mal machen.
GLG Bine
Hallo Bine,
auf deinen Karten steht u.a. Saarlouis. Die schöne Stadt Saarlouis liegt im kleinen Saarland ( wo ich wohne) an der französischen Grenze und ist ca 145km von Straßburg entfernt.
Vielleicht hilft dir der Hinweis etwas weiter.
Herzliche Grüße Reni
Liebe Reni, ich weiss- aber trotzdem danke für die Info. Ein Großteil meiner Vorfahren lebte u.a. damals in Saarluis. :-)
LG Bine
Hallo Bine,
“Ahnenforschung” finde ich auch ganz spannend und ich habe auch ein paar alte Postkarten meiner Großmutter, allerdings erst nach dem Krieg verschickt.
Falls Du mal nach Vorfahren suchen möchtest, gibt es ein Archiv, in das schon viele Kirchenbücher auf Microfiche eingegeben wurden und wo man auch online suchen kann: http://www.familysearch.de – allerdings meist nur Daten vor ca. 1900. Aber mit der Namenssuche habe ich bei meinen Vorfahren schon einige herausgefunden.
Liebe Grüße
Anja